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Lungenvolumenreduktion

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Referentin: PD Dr. Daniela Gompelmann, Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg
Zusammenfassung: Prof. Dr. med. Gratiana Steinkamp, so erschienen im Alpha1-Journal 1-2019.

Erkrankung COPD

Die zwei wesentlichen Komponenten der COPD-Erkrankung sind die Verengung (Obstruktion) der Atemwege und die Lungenüberblähung bedingt durch das Emphysem. Darüber hinaus hat die Lungenerkrankung auch wesentliche Auswirkungen auf den gesamten Organismus außerhalb der Lunge und führt zum Beispiel zu Untergewicht.
Bei der Lungenfunktionsuntersuchung kann man den eingeschränkten Atemfluss unter anderem durch den Messwert FEV1 (forciertes exspiratorisches Volumen in einer Sekunde) darstellen. Jede Person mit AATM sollte ihren FEV1-Wert kennen. Bei einer Obstruktion ist dieser Wert meist vermindert, d.h. unterhalb von 80% des Solls. Nur bei einer beginnenden, leichtgradigen Obstruktion ist dieser Wert noch normal. Die Lungenüberblähung lässt sich durch das Residualvolumen (RV) abschätzen. Das RV misst diejenige Luftmenge, die nach maximaler Ausatmung noch in der Lunge zurückbleibt. Hier sind Werte oberhalb der Normalwerte krankhaft. Dabei ist der Normbereich nicht richtig definiert, man geht jedoch bei einem Messergebnis von über 130 oder 150% des Solls von einer Lungenüberblähung aus.

Lungenüberblähung und ihre Folgen

Menschen mit einer Lungenüberblähung und auch dadurch vergrößertem Brustkorb haben eine veränderte Atemmechanik. Dadurch müssen sie bereits in Ruhe viel mehr Muskelkraft zum normalen Atmen aufwenden als Gesunde, welches das Gefühl von Luftnot verleiht. Insbesondere drückt die vergrößerte, luftreiche Lunge den wichtigsten Atemmuskel, das Zwerchfell, nach unten in Richtung Bauchraum. Das nach unten gedrückte Zwerchfell nimmt eine flachere Form an und bewegt sich dadurch weniger effizient.

Reduktion des Lungenvolumens

Stark überblähte Lungenbereiche tragen nicht ausreichend zum Atmen und zum Gasaustausch bei. Vielmehr drücken sie benachbarte, eigentlich noch gut funktionierende Lungenareale zusammen und führen darüber hinaus zur Veränderung der Atemmechanik. Schon in den 1950er Jahren haben Thoraxchirurgen damit begonnen, stark emphysematöse Lungenareale zu entfernen, damit sich die gesünderen Lungenareale wieder besser ausdehnen können. Die damaligen Operationsergebnisse waren zwar ermutigend, jedoch mit einer hohen Sterblichkeit verbunden, so dass dieses Operationsverfahren zunächst wieder in Vergessenheit geriet.
Erst in den 1990er Jahren wurde die Lungenvolumenreduktionsoperation wieder vermehrt durchgeführt. Die Studienergebnisse aus diesen Jahren wiesen neben einer Verbesserung der Lebensqualität auch ein längeres Überleben der operierten Patienten nach. Allerdings war weiterhin die Sterblichkeit nach diesem Verfahren hoch: sie lag bei durchschnittlich 8% innerhalb der ersten drei Monaten nach der Operation (Fishman et al. NEJM 2003). Auch zum AATM wurden zwei sehr kleine Studien veröffentlicht, die ebenfalls eine Verbesserung der Lungenfunktion und Belastbarkeit aufwiesen, jedoch auch mit einer Tendenz zur erhöhten Sterblichkeit im Vergleich zur konservativen Therapie einhergingen (Cassina et al. Eur Respir J 1998; Stoller et al. Ann Thorac Surg 2007).
Aufgrund dieser Ergebnisse wurde nach alternativen Behandlungsoptionen gesucht, mit denen der gleiche positive Effekt der Lungenvolumenreduktionsoperation, jedoch mit einer geringeren Sterblichkeit, erzielt werden kann.

Ventile zur Lungenvolumenreduktion

Die Idee war, die Luftmenge in einem Lungenlappen zu verkleinern, ohne dass eine Operation nötig ist. So wurden verschiedene Techniken entwickelt, die ohne Operation während einer Lungenspiegelung (Bronchoskopie) durchgeführt werden können. Eine dieser Möglichkeiten ist die Implantation von Ventilen, die in den am meist emphysematös veränderten und überblähten Lungenlappen eingesetzt werden. Durch ihre Einweg-Funktion lassen diese beim Einatmen keine neue Luft in den Lungenlappen hinein. Beim Ausatmen strömt die Luft jedoch durch die Ventile aus der Lunge heraus. So wird mit der Zeit der Luftgehalt in diesem Lungenlappen immer geringer, das Gewebe fällt allmählich zusammen (es bildet sich eine sogenannte Atelektase). Dementsprechend können sich benachbarte gesündere Lungenabschnitte wieder ausdehnen und zudem kann sich das Zwerchfell wieder besser bewegen.
Bei jedem Patienten überprüfen Ärzte zunächst mithilfe einer Computertomographie (CT), welcher der fünf Lungenlappen am stärksten überbläht und emphysematös zerstört ist. Bei einer Bronchoskopie werden die Ventile dann in diejenigen Bronchien eingesetzt, die zu dem betroffenen Lungenlappen führen. Das dauert etwa 20 Minuten.
Studienergebnisse von rund 1.000 Patienten wurden inzwischen in klinischen randomisierten Studien veröffentlicht (u.a. Klooster et al. NEJM 2015; Criner et al. Am J Respir Crit Care Med 2018). Wenn die Patienten sorgfältig ausgewählt werden, nimmt nach Einsetzen der Ventile ihre FEV1 zu und das Residualvolumen nimmt ab. Zudem verbessern sich die körperliche Leistungsfähigkeit, wie z.B. das Gehen beim 6-Minuten-Gehtest, und Lebensqualität. Nach diesen vielversprechenden Ergebnissen empfahlen auch Experten in den Behandlungsleitlinien die Lungenvolumenreduktion mit Ventilen, zuletzt die deutsche COPD-Leitlinie von 2018.

Indikation für Ventile

Nur bei Patienten mit dem Nachweis eines Emphysems in der CT kann eine Ventiltherapie diskutiert werden. Für die Lungenfunktionstestung müssen Grenzwerte eingehalten werden, wie FEV1 zwischen 15 und 50% des Solls und RV über 200% des Solls. Vorgaben gelten auch für Gehstrecke und Lebensqualität. Wichtig ist, dass die Patienten ansonsten optimal konservativ behandelt worden sind. Eine Ventiltherapie ist darüber hinaus nur dann erfolgversprechend, wenn keine Kollateralventilation zwischen den Lungenlappen besteht. Eine solche Kollateralventilation liegt dann vor, wenn die benachbarten Lungenlappen nicht vollständig voneinander getrennt sind, sondern durch eine Gewebebrücke miteinander verwachsen sind. Bei einer solchen Kollateralventilation könnte der mit Ventilen versorgte Lungenlappen vom Nachbarlappen aus belüftet werden, was die Wirksamkeit des Ventils unterlaufen würde. Im CT oder mit einer speziellen Messung während der Bronchoskopie (Chartis®) stellen Ärzte die Kollateralventilation fest.
Es gibt jedoch auch andere Gründe, die gegen eine Ventiltherapie sprechen. So darf der Patient weder Bronchiektasen noch chronische Lungeninfektionen haben, keine akute Lungenentzündung und keine abklärungsbedürftigen verdächtigen Befunde in der Lunge.

Behandlungsergebnisse nach Ventiltherapie

Sorgfältig ausgewählte Patienten können von der Ventilimplantation profitieren: Ihre Belastbarkeit, die Lebensqualität und die Lungenfunktion werden besser, Beschwerden nehmen ab. Auch die Lebenszeit wird verlängert, wenn eine maximale Volumenreduktion des Ziellungenlappens erreicht wird (Gompelmann et al. Respiration 2018). Allerdings wird die Lunge nach dem Eingriff nicht wieder gesund und das Fortschreiten der COPD kann nicht gestoppt werden.
Eine wichtige und relativ häufige Komplikation ereignet sich bei ca. einem Drittel der Patienten innerhalb der ersten drei Tage: ein Pneumothorax. Das Lungengewebe des benachbarten Lungenlappens reißt durch die Volumenverschiebung ein, sodass nun die eingeatmete Luft durch den Riss hindurch in den Brustkorb strömt. Durch den damit aufgehobenen Unterdruck im Brustkorb kollabiert die Lunge. Man bekommt sehr schlecht Luft und hat starke Schmerzen. Manchmal wird sogar etwas Luft aus dem Brustraum herausgedrückt und ist dann unter der Haut als knisternde Vorwölbung tastbar.
Behandelt wird solch ein Pneumothorax, indem eine Drainage von außen zwischen zwei Rippen in den Brustraum eingeführt wird, sodass die ausgetretene Luft wieder abgesaugt werden kann. Das funktioniert in den meisten Fällen gut. Wenn jedoch nicht genügend Luft abgeführt werden kann, müssen die Ventile wieder entfernt werden. In diesem Falle hat der Patient keinen Gewinn durch die Ventiltherapie. Wenn die Ventile nicht entfernt werden müssen und der Pneumothorax alleine durch die Drainagenbehandlung ausheilt, sind die Erfolgsaussichten jedoch selbst nach dieser Komplikation gut.
In zwei kleinen Studien wurde die Ventiltherapie auch bei insgesamt 21 Personen mit AATM angewendet (Tuohy et al. Clin Respir J 2012; Hillerdal et al. Respiration 2014). Der Lungenfunktionswert FEV1 stieg schnell nach der Ventiltherapie deutlich an und blieb bei den meisten Patienten jahrelang auf einem besseren Niveau als vor dem Eingriff.

Zusammenfassung

Bei ausgesuchten Patienten mit einer COPD und einem Lungenemphysem kann die Ventiltherapie die Lebensqualität deutlich verbessern. Erfahrungen bei Patienten mit AATM sind noch sehr begrenzt. Die möglichen Vor- und Nachteile des Ventils müssen Arzt und Patient sorgfältig abwägen. Wichtig zu erwähnen ist, dass eine Ventiltherapie kein Hindernis für eine Lungentransplantation darstellt, die vor allem bei jüngeren Patienten mit einem AATM und einer bereits erheblich eingeschränkten Lungenfunktion in Betracht gezogen werden sollte.

Zusammenfassung: Prof. Dr. med. Gratiana Steinkamp, so erschienen im Alpha1-Journal 1-2019.

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