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Ergebnisse aus der seit 2015 laufenden Studie zur Leberbeteiligung beim Alpha-1-Antitrypsin-Mangel

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Referent: Dr. Pavel Strnad, Europäisches Referenzzentrum Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, Medizinische Klinik III, Uniklinik RWTH Aachen

Leberbeteiligung bei AAT-Mangel

Die Leberbeteiligung ist nach der Lunge die zweithäufigste Organbeteiligung beim AAT-Mangel. Das AAT wird in den Leberzellen produziert. Ist es beim PiZZ-Typ aufgrund der genetischen Mutation verändert, kann das schützende Eiweiß nicht mehr richtig aus der Leberzelle ausgeschleust werden und bleibt dort stecken. Dementsprechend wenig Protein findet sich im Blut, sodass die Lunge nicht ausreichend versorgt werden kann. In dem Maße, wie AAT-Patienten seltener rauchen, wird die Lebererkrankung als Todesursache häufiger: von den Patienten, die nie geraucht hatten, starben nur knapp die Hälfte an einem Lungenemphysem, jedoch fast 1/3 an der Leberbeteiligung. Bei ehemaligen Rauchern ist dieses Verhältnis anders, mit 72 % Emphysem im Vergleich zu 10 % Leberbeteiligung als Todesursache.
Die Leberbeteiligung hat einen zweigipfligen Krankheitsverlauf: typischerweise wird sie schon im Neugeborenen- oder Säuglingsalter entdeckt oder erst nach dem 40. Lebensjahr. Die Diagnosestellung ist nicht einfach, da keine speziellen Beschwerden auftreten und auch die Routinediagnostik mit Leberwerten und üblichem Ultraschall-Verfahren sehr häufig normale Befunde ergibt. Damit Kranke nicht fälschlicherweise als Gesunde durchgehen, werden Methoden wie die Elastographie benötigt.
Die frühe Diagnose einer Leberbeteiligung ermöglicht eine frühe Betreuung durch spezialisierte Ärzte mit dem Ziel, die Lebensqualität und die Lebenserwartung zu verbessern. Obwohl hier vorbeugend viel erreicht werden kann, wird die Leber-Betreuung oftmals vernachlässigt. Dementsprechend wichtig ist der Aufbau einer flächendeckenden Versorgung durch Experten wie im aktuellen europäischen Netzwerk. Die Ärzte fahnden nach bestimmten Begleitfaktoren, die sich ungünstig auf die Lebergesundheit auswirken. Dazu gehören neben Rauchen und Alkohol auch Übergewicht und Fehlernährung, Zuckerkrankheit, leberschädigende Medikamente oder andere unbemerkte Lebererkrankungen wie beispielsweise die Virushepatitis B oder C. Weitere Informationen finden Sie hier.

Ärzte-Netzwerk »Alpha1-Leber“

Die Arbeitsgruppe des Referenten arbeitet seit drei Jahren daran, das Ausmaß der Leberbeteiligung bei Personen mit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (AATM) und deren Angehörigen zu erfassen. Der Start war beim Alpha1-Infotag 2015, als das Team den Tagungsteilnehmern die Möglichkeit bot, mit seinen Messgeräten den Grad der Lebersteifigkeit festzustellen. Auch bei den folgenden Jahrestagungen gab es diese Gelegenheit. Außerdem fuhren Mitarbeiter des Forscherteams direkt in mehrere Alpha1-Center und zu Alpha1-Selbsthilfegruppen, um dort vor Ort Messungen vorzunehmen.
Zusätzlich wurde die europäische Arbeitsgruppe »Alpha-1-Leber« gegründet, an der Forscher aus 18 Kliniken in elf europäischen Ländern beteiligt sind. Dieses Netzwerk arbeitet eng mit spezialisierten Lungenfachärzten und den jeweiligen AAT-Patientengruppen zusammen. Die Aachener Klinik ist außerdem das führende Zentrum für den Alpha-1-Antitrypsin-Mangel im Europäischen Referenz-Netzwerk »Rare-Liver« (Initiative „European Reference Networks“ der europäischen Kommission).

Untersuchungen und Patientenzahlen

Bis heute wurden im Leber-Netzwerk mehr als 1.100 Patienten und Angehörige erfasst, davon über 550 Personen mit PiZZ-Typ und gut 210 mit PiMZ-Typ. Die Datenerhebung ist standardisiert. Die Patienten füllen Fragebögen zur Erkrankung aus, es wird ihnen Blut abgenommen für die Messung des AAT-Serumspiegels, den genetischen Hintergrund und die Leberwerte, und es erfolgt die Bestimmung der Lebersteifigkeit mithilfe einer Ultraschall-Elastographie. Die Befunde werden ausführlich mit den Patienten besprochen. Den Patienten, die bei diesem Screening Auffälligkeiten aufweisen, wird eine weiterführende Abklärung sowie ggf. eine Gewebeentnahme aus der Leber (Biopsie) empfohlen. Die Biopsie bleibt der „Goldstandard“, um direkt im Lebergewebe zu sehen, wieso eine Schädigung vorliegt.

Erkenntnisse aus der Alpha-1-Leber-Studie – aktueller Stand bei PiZZ-Typ

Die meisten Personen mit PiZZ-Typ hatten normale Befunde der Leberwerte ALT, AST, gamma-GT und alkalische Phosphatase. Dennoch waren die statistischen Mittelwerte der Gruppe höher als bei Kontrollpersonen. Bei der Messung der Lebersteifigkeit spricht ein Wert von kleiner 7,1 Kilopascal gegen das Vorliegen einer signifikanten Leberfibrose. Eine erhöhte Lebersteifigkeit fanden die Forscher bei jedem 3. Mann mit PiZZ-Typ, jedoch nur bei jeder 8. Frau. Eine Leberzirrhose war eher selten und betraf insgesamt nur 4% der PiZZ-Patienten. Neben der Steifigkeit der Leber wurde auch das Ausmaß der Leberverfettung gemessen. Hier waren bei der Elastographie deutlich häufiger Veränderungen zu finden, denn mehr als 60 % der Betroffenen mit PiZZ hatten keine normalen Werte (allerdings galt dies auch für einen beträchtlichen Teil der Kontrollpersonen).
Im Rahmen der Studie wurden zusätzlich verschiedene Fette im Blut bestimmt. So waren die Serumwerte von Triglyceriden und VLDL-Cholesterin bei PiZZ-Personen durchschnittlich niedriger als bei den Kontrollen.
Aus all diesen Befunden zusammengenommen erarbeiteten die Forscher ein Raster, um zu erkennen, welche Patienten besonders engmaschig überwacht werden müssen. Das Risiko für eine Vernarbung der Leber ist vor allem bei Männern mit erhöhten AST-Werten sowie bei über 50-jährigen Männern mit deutlichem Übergewicht (Adipositas) relativ hoch (70-80 %). Für jüngere Menschen ohne Übergewicht und mit normalen Leberwerten kann dagegen eher Entwarnung gegeben werden. Im nächsten Schritt werden die Forscher die Leberveränderungen bei Patienten mit und ohne AAT-Supplementation auswerten und den Langzeitverlauf beobachten.

Befunde beim PiMZ-Typ

In der Bevölkerung ist der PiMZ-Typ häufig, denn mehr als jeder 50. hat diesen Genotyp. Betroffene sind schwierig zu finden, weil sie meistens niedrig normale AAT-Blutspiegel haben. Auch die Leberwerte im Blut sind meistens normal, jedoch nicht immer. Die Elastographie zeigt, dass die genetische Konstellation PiMZ ein Risikofaktor für die Leberversteifung ist: Messwerte über 7,1 Kilopascal fand man beim PiMZ-Typ deutlich häufiger als bei Kontrollpersonen. Auch hier war Übergewicht ein ganz wichtiger Risikofaktor, denn normalgewichtige Personen mit PiMZ-Typ hatten deutlich bessere Werte in der Elastographie als fettleibige.

Empfehlungen aus den bisherigen  Studienergebnissen

Bei jedem Patienten mit PiZZ-Typ sollten die Leberwerte im Blut regelmäßig gemessen werden, in der Regel alle 3-6 Monate. Alleinige Blutbestimmungen reichen aber in der Regel nicht aus. Wie häufig die üblichen Ultraschalluntersuchungen des Bauches und der Leber empfohlen werden, hängt von den individuellen Befunden ab. Hier geht es darum, eine Leberverfettung und einen Leberumbau zu erkennen sowie einen eventuellen Tumor der Leber früh zu diagnostizieren. Je nach Ausmaß der Lebersteifigkeit werden diese Untersuchungen alle 6-12 Monate empfohlen. Die Lebersteifigkeitsmessung ist meist erst nach 2-3 Jahren wieder nötig, sofern die vorausgehende Messung normal war, ansonsten sollten die Intervalle kürzer sein. Nur in ungewöhnlichen Fällen veranlassen die Experten eine Gewebeuntersuchung der Leber.
Generell sollte jeder Patient mit PiZZ-Typ an ein spezialisiertes Leberzentrum angebunden werden. In Deutschland werden alle Patienten eingeladen, für eine kostenlose und unverbindliche Untersuchung in das Zentrum in Aachen zu kommen oder eines der kooperierenden Zentren in Bremen, Berlin, Göttingen, Frankfurt oder Homburg aufzusuchen. Dort werden sie umfassend untersucht und beraten, erhalten Empfehlungen und Tipps für die optimale Lebergesundheit und werden über aktuelle Forschungsergebnisse informiert.

Zusammenfassung: Prof. Gratiana Steinkamp, so erschienen im Alpha1-Journal 1-2018.

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