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Grundwissen Alpha-1-Antitrypsin-Mangel und Begriffserklärungen – z.B. Was sind Bronchiektasen?

Das Eiweiß Alpha-1-Antitrypsin (AAT) schützt das Gewebe bei Entzündungsreaktionen vor schädigenden Enzymen. Es ist Teil der natürlichen Abwehrreaktion des Körpers und puffert überschießende Entzündungsreaktionen ab. Alpha-1-Proteaseinhibitor ist der Oberbegriff für die Substanzgruppe. Bei Menschen mit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (AATM) überwiegen bei Entzündungsprozessen diejenigen Substanzen, die Eiweiße spalten und das Gewebe angreifen. Die Substitutionstherapie mit Alpha-1-Antitrypsin führt dem Körper zwar das fehlende Protein zu, den Krankheitsprozess kann man damit jedoch nur verzögern und nicht komplett zum Stillstand bringen. Daher wünschen sich Ärzte bessere Behandlungsmöglichkeiten, die die Ursachen der Krankheit beseitigen oder zerstörtes Gewebe wieder heilen können.

Die Vererbung der genetisch bedingten Störung erfolgt über eine Veränderung des Serpina-1-Gens im Chromosom 14. Wenn entsprechende Mutationen vorliegen, kommt es zu einer verminderten oder sogar fehlenden Bildung bzw. Freisetzung von Alpha-1-Antitrypsin aus den Leberzellen. Bei schwerem AATM vom PiZZ-Typ liegen die Konzentrationen von Alpha-1-Antitrypsin im Blut unterhalb des Grenzwertes für Gesunde (unter 80 mg/dl bzw. unter 11 Mikromol).

Leitlinien zum Alpha-1-Antitrypsin-Mangel

Im vergangenen Jahr haben Experten der europäischen Fachgesellschaft für Lungenärzte eine Stellungnahme zum Alpha-1-Antitrypsin-Mangel veröffentlicht. In Deutschland wurden im April 2018 überarbeitete Leitlinien zur chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) veröffentlicht. Diese beiden Leitlinien, an denen sich Ärzte bei der Betreuung von Patienten orientieren, beinhalten einige wichtige Neuerungen.
Das Krankheitsbild und die Symptome des AATM sind sehr variabel, wie die europäischen Experten betonen. Auch der Referent kennt Patienten vom PiZZ-Typ, die noch im Alter von über 60 Jahren bei Nikotinkarenz ohne Substitutionstherapie normale Lungenfunktionswerte haben.

An die Ärzte geht der Appell, häufiger an einen AATM zu denken und entsprechende Untersuchungen zu veranlassen. Dies gilt insbesondere für COPD-Patienten, bei denen die Krankheit relativ früh beginnt, etwa zwischen 35 und 50 Jahren, oder bei Personen mit Asthma bronchiale, deren Erkrankung erst im mittleren Erwachsenenalter diagnostiziert wird. Erfahrungen des Referenten legen nahe, dass auch ein Lungenriss (Pneumothorax) bei jungen Menschen ein früher Hinweis auf einen AATM sein kann.

Tatsächlich zeigt eine Untersuchung aus Deutschland, dass viel zu selten auf Alpha-1-Antitrypsin-Mangel getestet wird. Während 92 % der niedergelassenen Lungenfachärzte angaben, kurz vor der Befragung einen Test veranlasst zu haben, waren es bei den Internisten und Hausärzten nur 33 % bzw. 25 %. Dies ist eine wichtige Erklärung dafür, dass so viele Betroffene bisher unerkannt geblieben sind. Denn in Deutschland müssten eigentlich rund 19.000 Patienten mit PiZZ-Typ bekannt sein und nicht nur 8.000-12.000. Von allen COPD-Patienten haben etwa 3 % einen Alpha-1-Antitrypsin-Mangel. Die neue deutsche Leitlinie empfiehlt daher, jeden Patienten mit COPD mindestens einmal auf einen Alpha-1-
Antitrypsin-Mangel zu testen, weil bei schwerem Mangel (PiZZ-Typ) eine Substitutionstherapie zur Verfügung steht. Der Arzt bestimmt zunächst den Serumspiegel und das CRP (um Entzündungsprozesse auszuschließen), und wenn der AAT-Blutspiegel zu niedrig ist, folgen genauere Tests wie Phäno- und Genotypisierung.

Was sind Bronchiektasen ?

Definition: chronische Lungenerkrankung, charakterisiert durch eine klinische Symptomatik mit Husten, Auswurf und Atemwegsinfekten sowie radiologisch durch eine atypische und permanente Erweiterung der Bronchien.

Ziel der Therapie von Bronchiektasen ist die Vermeidung von Exazerbationen, Reduktion der Symptomatik, Verbesserung der Lebensqualität und Vermeidung des Progresses.

Symptome, primär: Husten, Auswurf, Luftnot
Symptome, sekundär: Rhinosinusitis, Ermüdung, Haemoptysen, Thoraxschmerzen.

Die Patientenbibliothek hat einen ausführlichen Ratgeber erstellt.

Suchtests (Screening) bei Familienangehörigen

Die europäischen Leitlinien empfehlen bei Patienten mit PiZZ-Typ auch den Partner zu testen. Liegt bei ihm ein PiMZ-Typ vor, ist die Diagnostik bei den gemeinsamen Kindern sinnvoll, in der Regel jedoch erst nach Erreichen des Erwachsenenalters. Die Geschwister des PiZZ-Patienten sollten ebenfalls getestet werden. Haben sie einen PiMZ-Typ, muss auch bei ihrem Partner eine Diagnostik erfolgen, denn wenn aus dieser Beziehung Kinder entstammen, könnten diese ebenfalls schwer erkrankt sein. Personen mit PiMZ oder PiSZ haben ein erhöhtes Risiko für COPD, wenn sie rauchen oder anderen inhalativen Belastungen ausgesetzt sind.

Mann bekommt Blut am Ohr abgenommen - Alpha-1-Antitrypsin-Mangel Schnelltest
CT
Aufnahme eines Thorax-CT

Bildgebung mit Thorax-CT

Der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel führt zu einem fortschreitenden Verlust von Lungengewebe. Dieses Emphysem ist vor allem in den unteren Abschnitten der Lunge deutlich sichtbar. Im normalen Röntgenbild kann man ein Emphysem bereits gut in einer seitlichen Aufnahme erkennen, wenn vor dem Brustbein und insbesondere hinter dem Herzen mehr Luft, d.h. weniger Lungenstruktur zu sehen ist als normal. Noch besser und von den europäischen Experten empfohlen ist die Bildgebung mit einem Thorax-CT. Damit kann man die Lungendichte in Zahlen ausdrücken und so den Verlauf der Erkrankung langfristig besser überwachen. Je geringer die Lungendichte, desto stärker das Emphysem.

Betreuung der Patienten

Die europäischen Experten empfehlen die Vorstellung jedes Patienten mit AATM in einem speziellen Referenzzentrum (Alpha-1-
Center). Generell muss der Patient das Rauchen aufgeben, und auch andere Risikofaktoren müssen ausgeschaltet werden, zum Beispiel eine berufliche Exposition gegenüber Staub. E-Zigaretten sind keine Alternative zum Zigarettenrauchen, denn der eingeatmete sehr heiße Dampf stört den Eiweißstoffwechsel der Zellen in der Lunge mit der langfristigen Folge einer chronischen Lungenerkrankung.

Zigaretten
Mann verwendet E-Zigarette

Substitutionstherapie mit AAT

Um die fortschreitende Zerstörung des Lungengewebes und die Progression des Emphysems aufzuhalten, kommt für bestimmte PiZZ-Patienten die intravenöse Substitutionstherapie mit Alpha-1-Antitrypsin infrage. In der deutschen Leitlinie wird nicht nur ein definiertes Ausmaß der Lungenfunktionseinschränkung gefordert (FEV1 zwischen 30 und 65 % des Sollwerts), sondern auch ein allmählicher Verlust der FEV1 von mindestens 50 ml pro Jahr. Internationale Studien haben gezeigt, dass durch die intravenöse Zufuhr von AAT die Lungendichte im CT deutlich langsamer abnimmt. Außerdem treten Krankheitsschübe (Exazerbationen) unter Substitutionstherapie seltener auf.
Mittlerweile ist neben dem klassischen Prolastin® ein weiteres Präparat auf dem Markt, Respreeza® von CSL Behring. Dessen Zulassung beinhaltet auch die Anwendung als häusliche Behandlung bzw. Selbstverabreichung durch den Patienten. Allerdings ist der Referent der Auffassung, dass für die meisten Patienten die wöchentliche Infusion beim Arzt von Vorteil ist, da der Arzt den Patienten dann regelmäßig sieht und somit den klinischen Zustand des Patienten beurteilen kann sowie Probleme oder Nebenwirkungen bei der Infusion eher erkannt und ggf. beherrscht werden können.

Bronchiektasen

Bei Bronchiektasen sind die Luftwege in der Lunge, die Bronchien, an bestimmten Stellen atypisch und permanent erweitert. Diese Erweiterungen sind häufig mit eitrigem Sekret gefüllt und die Schleimhaut ist stark entzündet. Dementsprechend hat der Patient Symptome wie Husten, Auswurf und Atemwegsentzündungen. Je nach dem Aussehen in der Bildgebung unterscheidet man Typen wie zylinderförmige oder zystische Bronchiektasen.

Im Thorax-CT kann man Bronchiektasen viel besser sehen und häufiger entdecken als im normalen Röntgenbild. Wenn Patienten mit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel zusätzlich Bronchiektasen haben, sind damit meist auch gehäufte Infekte verbunden. Ein Behandlungsziel ist daher, die Häufigkeit der bakteriellen Infektionen zu reduzieren. Dementsprechend werden Antibiotika verabreicht, vielfach auch zum Inhalieren. Außerdem ist es besonders wichtig, die Lunge von dem eitrigen Sekret zu befreien. Dabei helfen Techniken der Atemphysiotherapie und schleimlösende Medikamente.

Register für Patienten mit Bronchiektasen

Für Patienten mit Bronchiektasen wurde in Deutschland ein Register aufgebaut. Seit 2015 melden die behandelnden Ärzte (und nicht die Patienten selbst wie beim Alpha-1-Antitrypsin-Mangel) die Patientendaten an die Zentrale in Hannover. Nicht registriert werden Patienten mit Mukoviszidose (Zystischer Fibrose). In diesem PROGNOSIS-Register wurden mittlerweile mehr als 900 Patienten erfasst. Der Anteil der in diesem Register erfassten Personen mit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist jedoch mit nur 2 % vergleichsweise gering.

Extrem selten: c-ANCA-Vaskulitis  (Granulomatose mit Polyangiitis)

(früher Wegener-Granulomatose oder Morbus Wegener) Diese Entzündung kleiner und kleinster Blutgefäße ist bedingt durch Autoantikörper im Blut. In oberen und unteren Luftwegen findet man Granulome, das sind knötchenförmige Neubildungen des Gewebes. Beim Patienten können auf der Nasenschleimhaut blutige Beläge sichtbar sein. Die Nieren sind in fortgeschrittenen Stadien bei 80 % der Betroffenen beteiligt. Die c-ANCA-Vaskulitis ist bei Alpha-1-Antitrypsin-Mangel eine sehr seltene Begleiterkrankung. Bei entsprechender Symptomatik sollte der c-ANCA-Wert im Blut bei Patienten mit AATM bestimmt werden.

Zusammenfassung: Prof. Gratiana Steinkamp, so erschienen im Alpha1-Journal 1-2018.

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