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„Ich bin doch nur Träger“ – PiMZ und Alpha-1-Antitrypsin-Mangel

Der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel wird durch einen Defekt in einem Gen auf dem Chromosom 14 ausgelöst. Das Gen kann entweder normal sein (M) oder Mutationen (die häufigsten sind S oder Z) aufweisen. Die Veränderung besteht darin, dass ein Aminosäure- Baustein durch einen „falschen“ Baustein ausgetauscht wurde. Die weitaus meisten kranken Personen mit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel haben die Z-Mutation sowohl vom Vater als auch von der Mutter geerbt; man spricht vom PiZZ-Typ. Das Alpha-1-Antitrypsin hat dann nur noch eine Aktivität von etwa 10 % der normalen Funktion, und im Blut sind die Alpha-1-Antitrypsin-Spiegel stark erniedrigt. Damit ist das Risiko hoch, ein Lungenemphysem zu entwickeln.

Personen mit PiMZ haben von einem Elternteil das gesunde M-Gen und vom anderen Elternteil die Z-Mutation geerbt. Bei ihnen ist die Aktivität des Alpha-1-Antitrypsins auf etwa 60 % der Norm reduziert, und die Blutspiegel liegen zwischen denen gesunder Personen (PiMM) und Patienten mit PiZZ-Typ.

Alpha-1-Antitrypsin-Mangel-Vererbungsschema

PiMZ
M = gesundes Gen
Z = verändertes Gen
1M+1Z = heterozygot, zwei unterschiedliche Varianten des AAT-Gens
2Z = homozygot, zwei gleiche AAT-Gene
2M = homozygot, zwei gleiche AAT-Gene

Diagnostik des PiMZ-Typs

Bei jedem Menschen mit einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) sollte einmal im Leben der Blutspiegel von Alpha-1-Antitrypsin gemessen werden, um einen Alpha-1-Antitrypsin-Mangel auszuschließen. Tatsächlich finden Ärzte bei 5 % aller COPD-Patienten erniedrigte Spiegel im Bereich von 50-90 mg/dl (normal: 90-200 mg/dl). Dann ist der nächste Schritt, aus drei Tropfen Blut mit dem AlphaKit den Phänotyp zu bestimmen. Zwei bis drei Wochen später erhält der Arzt den Befund. Auf diese Weise werden etwa 20 % der PiMZ-Träger entdeckt. Andere Personen mit PiMZ-Typ werden identifiziert, weil Verwandte an Alpha-1-Antitrypsin-Mangel erkrankt sind. Generell gilt die Empfehlung, dass alle PiZZ-Betroffenen ihre Kinder untersuchen lassen sollten. Auch Geschwister von Erkrankten mit PiZZ-Typ sollten getestet werden. Wenn der Vater einen PiZZ-Typ hat und die Mutter mit PiMM gesund ist, hat jedes Kind den PiMZ- und keines den PiZZ-Typ. Etwas anders ist die Situation, wenn ein Elternteil einen PiMZ- und das andere Elternteil den PiZZ-Typ hat. Dann sind die Kinder entweder PiMZ-Erbträger oder als PiZZ-Typ erkrankt. Allerdings gibt es keine Übereinstimmung zwischen den statistisch möglichen genetischen Veränderungen und der Realität, denn wenn man Pech hat, können in solch einer Familie durchaus alle Kinder den PiZZ-Typ erben.

Gesundheitliche Bedeutung des PiMZ-Typs

Anders als beim PiZZ-Typ ist bei Personen mit PiMZ kein schwerer Mangel an Alpha-1-Antitrypsin zu erwarten. Dennoch ist das Risiko etwas höher als bei Gesunden, ein Lungenemphysem zu entwickeln. Dies gilt jedoch in erster Linie für Raucher. Wer also einen PiMZ-Typ hat, aber niemals raucht, ist vermutlich kaum gefährdet. Aus diesem Grunde ist es auch wichtig, den PiMZ-Typ bereits bei Säuglingen oder Kindern zu entdecken. Dann können die Eltern dazu beitragen, dass ihr Kind nicht zu rauchen anfängt. Bei Rauchern aus Irland stellte man fest, dass Personen mit PiMZ-Typ engere Bronchien hatten und langfristig mehr Lungenbläschen verloren als gesunde PiMM-Träger. Nicht selten leiden Menschen mit PiMZ-Typ an überempfindlichen Atemwegen im Sinne einer „unspezifischen bronchialen Hyperreagibilität“. Sie reagieren auf Gerüche, Dämpfe oder Kälte mit Atemwegsbeschwerden. Betroffene berichten, dass sie den Rauch nach dem Auspusten von Kerzen nicht vertragen, oder dass sie den Geruch in der Küche beim scharfen Anbraten von Fleisch nicht gut abkönnen. Diese Beschwerden sind nicht zu verwechseln mit Allergien der Atemwege.

Die unspezifisch überempfindlichen Atemwege können am besten mit einer speziellen Lungenfunktionstechnik diagnostiziert werden. Im „Body“, dem Ganzkörper-Bodyplethysmographen, zeigt der Atemwegswiderstand, dass die Bronchien in Ruheatmung enger sind als normal, und auch die Überblähung der Lunge kann gemessen werden. Inhaliert der Patient ein bronchialerweiterndes Medikament und wiederholt danach die Messung, zeigt sich der Behandlungseffekt. Will man es ganz genau wissen, kann ein Provokationstest die Überempfindlichkeit dokumentieren.

Rauchstopp

Die erste und wichtigste Maßnahme für jeden Raucher mit PiMZ-Typ besteht darin, mit dem Rauchen aufzuhören. Bedauerlicherweise gelingt das in der Praxis nur selten. In einer Studie wurden Raucher befragt, die drei Monate zuvor das Ergebnis des genetischen Tests erhalten hatten. Zwar hatten von den PiZZ-Trägern 59 % versucht, das Rauchen aufzugeben und immerhin 12 % hatten es tatsächlich geschafft. Bei den PiMZ-Trägern waren die Ergebnisse jedoch deutlich schlechter, mit nur 37 % Versuchen und 6 % Erfolg. Umso wichtiger ist es, dass Ärzte ihre rauchenden Patienten immer wieder auf das Problem ansprechen und davon überzeugen, wie wichtig ein Rauchstopp ist. Kinder, deren PiMZ-Typ bekannt ist, sollten niemals anfangen zu rauchen. Bei Jugendlichen können Kampagnen in Schulen dazu beitragen, dass sie nicht mehr rauchen oder gar nicht erst damit anfangen. Es beeindruckt junge Menschen, wenn Patienten mit fortgeschrittener COPD über ihre Krankheit erzählen und zum Ausdruck bringen, was für ein großer Fehler ihr früheres Rauchen gewesen ist.

Andere Maßnahmen bei überempfindlichen Atemwegen

Belastungen der Atemwege können auch im Beruf oder in der Freizeit auftreten, z. B. durch Staub, Gas oder Dämpfe. Beispiele sind Bäcker, Landwirte, Maler oder Schweißer. Hier sollte der Arzt vorbeugend beraten.

Sinnvoll ist es auch, Infektionen der Atemwege mit Impfungen vorzubeugen. Dabei geht es u.a. um die echte Grippe (Influenza) und um Pneumokokken. Für Kinder steht eine Impfung gegen „Haemophilus influenzae“-Bakterien zur Verfügung.

Medikamente

Überempfindliche Atemwege können medikamentös gut behandelt werden. Sehr wichtig sind inhalative Kortikosteroide, die man als Dosieraerosol oder als Pulver einatmet. Viele Patienten kommen mit niedrigen Dosierungen eines Basismedikaments und einer nur einmal täglichen Inhalation aus. Ihre Beschwerden gehen zurück, und die Lungenfunktionswerte bessern sich. Andere Patienten benötigen etwas mehr Medikamente.

Begleiterkrankungen

Im Unterschied zu Personen mit PiZZ besteht beim PiMZ-Typ keine Gefahr, dass andere Organe mit erkranken. Das Risiko zur Entwicklung von Gallensteinen ist bei Personen mit dem PiMZ-Typ allerdings erhöht. Studien dazu finden Sie hier
Pannikulitis oder entzündliche Darmerkrankungen treten nicht häufiger auf als bei gesunden Personen mit PiMM. Dies gilt gleichermaßen für rheumatische Beschwerden oder die Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) .

Achtung: PiMZ und die Leber

Neuere Forschungen haben ergeben, dass auch für Träger des Gendefekts ein höheres Risiko besteht, einen Leberschaden zu entwickeln. Dies ist inbesondere dann der Fall, wenn bereits eine Schädigung der Leber vorliegt, die durch den Alpha-1-Mangel verstärkt werden kann. Regelmäßige Untersuchungen der Leber sind daher unbedingt empfehlenswert!

Familienplanung

Bei der Familienplanung müssen Personen mit PiMZ berücksichtigen, dass sie das defekte Z-Gen mit einer (statistisch gesehen) 50-prozentigen Chance an ihre Nachkommen weitergeben. Ob das Kind belastet ist, kann man gleich nach der Geburt testen. In Deutschland werden bei allen Neugeborenen Suchtests auf  diverse Stoffwechselerkrankungen durchgeführt. Zwar gehört der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel nicht dazu, jedoch können Eltern mit einer Z-Mutation dafür sorgen, dass ihr neugeborenes Kind auf einen Alpha-1-Antitrypsin-Mangel getestet wird.

Schnelltest

Dank des Schnelltests AlphaKit QuickScreen liegt nach nur 15 Minuten das Ergebnis vor, ob mindestens eine Z-Mutation vorhanden ist. Bei einem auffälligen Befund schließt sich die übliche Diagnostik an. Mit diesem Test wird die bisherige Wartezeit von etwa zwei Wochen stark verkürzt. In Studien hat sich der Schnelltest als sehr sicher erwiesen.

Zusammenfassung

  • Träger mit PiMZ-Typ galten zwar früher als nicht wesentlich risikobehaftet. Jedoch hat sich gezeigt, dass insbesondere Raucher häufiger ein Lungenemphysem entwickeln als Gesunde. Daher sollten alle Personen, die von ihrem PiMZ-Typ wissen, Nichtraucher werden oder bleiben.
  • Nicht selten haben PiMZ-Träger unspezifisch überempfindliche Atemwege. Diese Störung lässt sich medikamentös gut behandeln. Jährliche Kontrolluntersuchungen beim Lungenarzt sind für die Verlaufsbeobachtung sinnvoll.
  • Besonders achten sollten PiMZ-Träger auf ihre Leber, da eine erhöhte Disposition für Lebererkrankungen besteht.
  • Auch Personen mit PiMZ-Typ sollten genetisch beraten werden, damit sie über mögliche Konsequenzen für ihre Kinder Bescheid wissen.

Abklärung des Risikos einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung bei Alpha-1-Antitrypsin-Mangel PiMZ Heterozygoten

Original in Englisch (Clarification of the Risk of Chronic Obstructive Pulmonary Disease in α1-Antitrypsin Deficiency PiMZ Heterozygotes; Am J Respir Crit Care Med. 2014 Feb 15; 189(4): 419–427.
Published online 2014 Feb 15. doi:  10.1164/rccm.201311-1984OC, PMCID: PMC5955067, PMID: 24428606

Schlussfolgerungen der Studie: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass PiMZ-Heterozygoten deutlich mehr Luftstrombehinderung und COPD aufweisen als PiMM-Personen und die Zigarettenrauchbelastung einen signifikanten Modifikatoreffekt ausübt

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