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„Was passiert mit meiner Probe im Labor“

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Dipl. Biol. Martina Veith, PD Timm Greulich

Alpha-1-Anitrypsin (AAT) wird vor allem in der Leber gebildet und ist praktisch in allen Körpergeweben zu finden. Es ist eine Art Schutzeiweiß, denn es dient als wichtiger Gegenspieler von körpereigenen Stoffen, die Gewebe abbauen können. Ein Mangel an Alpha-1-Antitrypsin (AATM) beruht auf Mutationen (Veränderungen) im genetischen Code für AAT und bewirkt eine verminderte und/oder fehlerhafte Synthese und Freisetzung von AAT-Molekülen, was zu Erkrankungen wie beispielsweise einem Lungenemphysem oder Lebererkrankungen führen kann.

Der Hausarzt oder Lungenfacharzt (Pneumologe) kann bei einem begründeten Verdacht auf AATM eine Blutuntersuchung veranlassen, z.B. wenn der Patient anhaltenden Husten, Auswurf oder Atemnot hat. Der erste diagnostische Schritt erfolgt durch die quantitative Bestimmung des AAT-Spiegels im Serum oder durch den AlphaKit Quick Screen (Grifols). Der AAT-Spiegel wird i.d.R. in einem heimatnahen, kommerziellen Labor durchgeführt. Wird ein erniedrigter Serumspiegel festgestellt (< 90 mg/dl), sollte anschließend die molekulargenetische Analyse zum Nachweis verschiedener Mutationen initiiert werden, um den AAT-Mangel auf DNA-Ebene zu bestätigen und daraus Rückschlüsse für eine angepasste Therapie ziehen zu können. Bislang sind über 100 genetische Varianten des AAT-Proteins bekannt. Um diese verschiedenen Varianten finden zu können, stehen diagnostische Verfahren, sowohl auf DNA-Ebene, als auch auf Protein-Ebene zur Verfügung.

Für die Analyse wird Blut aus der Fingerbeere/Ohrläppchen auf ein spezielles Filterpapier (AlphaKit® von Grifols) getropft, welches in das Alpha-1-Zentrum nach Marburg geschickt wird. Die AlphaKits® werden im Labor sorgfältig auf Vollständigkeit (Name, Geburtsdatum, Arztanschrift und Unterschrift) geprüft und in eine Datenbank eingegeben. Alle Proben werden genotypisch (auf DNA-Ebene) auf spezielle Mutationen, die für den AATM verantwortlich sind, untersucht.

Seit Juni 2016 hat das Marburger Alpha-1-Zentrum zusammen mit Grifols und seiner Tochterfirma Progenika, eine neue Methode, basierend auf der xMAP-Technologie (Luminex®), entwickelt, um die genotypische Untersuchung noch spezifischer und zeitsparender durchführen zu können (Veith et al., 2019 (DOI: 10.2147/COPD.S224221)). Üblicherweise wird im kommerziellen Labor mittels einer Polymerase-Kettenreaktion (englisch polymerase chain reaction (PCR)) die DNA auf zwei Mutationen geprüft: die Z-Mutation und die S-Mutation.
Bei dem neuen Verfahren kann nun mittels einer Multiplex-PCR gleichzeitig auf 14 verschiedene Mutationen getestet werden. Grundlage der Luminex®-Technologie sind mikroskopisch kleine Polystyrol-Kügelchen, sogenannte „Beads“, die als Trägermaterial für biochemische Nachweisreaktionen dienen. Derzeit sind 100 verschiedene „Bead“-Typen verfügbar, die sich in ihrem Fluoreszenzfarbton unterscheiden. Die verschiedenen „Bead“-Typen können jeweils mit unterschiedlichen Nachweisreagenzien beladen werden (z.B. DNA-Sonde). Durch Kombination unterschiedlicher „Beads“ in einem Testansatz können gleichzeitig bis zu 100 verschiedene Nachweisreaktionen in einem sehr geringen Probenvolumen durchgeführt werden.

Die DNA wird aus dem AlphaKit® isoliert und mittels der Multiplex-PCR werden die zu untersuchenden DNA-Stücke vervielfältigt und an die Bead-gekoppelten Sonden gebunden. So befindet sich z. B. die Z-Mutation auf dem AAT Gen an der Stelle 1096. Normalerweise befindet sich an dieser Position Guanin, bei der Z-Mutation findet man stattdessen Adenin (Adenin und Guanin sind zwei von vier verschiedenen universellen DNA Bausteinen). Durch diese Punktmutation wird später beim „Proteinzusammenbau“ an der Stelle 366 die Aminosäure Lysin statt Glutamin verwendet, was wiederum zu einer Fehlfaltung des eigentlichen Proteins des Alpha-1-Antitrypsins führt und somit zur Agglomeration in der Leber.

Grafik mit Hinweis: Ich bin MZler mit niedrigem Spiegel - ich glaube, ich sollte nochmal nachfragen.

Der „Bead“ wird mit einer bestimmten DNA-Sonde gekoppelt und zwar mit dem Gegenstück der zu untersuchenden Mutation. Nach der PCR können nun die zu untersuchenden Einzelstränge zu den „Bead“-Sonden gegeben werden. Diese Einzelstränge wurden während des Vervielfältigungsprozesses (PCR) mit Biotin markiert. Biotin dient dazu, zusammen mit einem Farbstoff (SAPE) ein detektierbares Signal zu erzeugen. Im Fall, dass sich an der zu untersuchenden Stelle eine Mutation befindet, wird sich der Einzelstrang an die Sonde mit ausgetauschter Base binden, andernfalls an die Sonde ohne Mutation.

Die Analyse und Auswertung der Bead-basierten Tests erfolgt mit dem Luminex®-Analysesystem. Es basiert auf der Methode der Durchflusszytometrie unter Verwendung zweier unterschiedlicher Laser. Ein roter Laser identifiziert den Farbcode der „Beads“ während gleichzeitig über einen zweiten, grünen Laser der quantitative Nachweis stattfindet.

Neben der genotypischen Analyse wird bei Vorhandensein einer Mutation im Marburger Alpha-1-Zentrum immer auch die phänotypische Analyse (Analyse auf der Protein-Ebene) zur Sicherheit durchgeführt. Hierfür wird das Protein aus dem Filterpapier aufgereinigt und mittels einer Methode namens „isoelektrischen Fokussierung“ (IEF) aufgetrennt. Die IEF ist ein biochemisches Verfahren zur Trennung von Proteinen nach ihrem Gehalt an sauren und basischen Aminosäuren.

Bei seltenen Mutationen können weitere Analysen notwendig sein. Um auch diese aufspüren zu können, haben wir die Möglichkeit, den genetischen Code für das Alpha-1-Antitrypsin zu sequenzieren. Hierbei wird die Reihenfolge der Basen in der DNA bestimmt und danach mit einer Vorlage verglichen.

Somit stehen dem Marburger Alpha-1-Zentrum mehrere Methoden zur Verfügung, um eine sichere Diagnose bei AATM stellen zu können.

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