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Mein Weg zu den Ventilen

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Heike Schmidt, so erschienen als Leserbrief im Alpha1-Journal 1/2014

Hallo liebe Alphas,

mein Name ist Heike Schmidt, ich bin 51 Jahre alt und wohne zurzeit noch in Nordhessen, möchte aber irgendwann in den Norden ziehen. Bei mir wurde im Mai 2009 ein Lungen-Emphysem diagnostiziert. Für mich war die Diagnose Neuland, und ich konnte damit gar nichts anfangen, als dann auch noch der Begriff „Alpha-1-Antitrypsin-Mangel“ fiel, war meine Familie (Ehemann Helmut und die Söhne Sven und Björn) völlig am Boden zerstört. Ich bekam als Medikamente Spiriva und Forair sowie Atrovent, was ich mittels „Pari Boy“ inhaliere. Prolastin wurde mir nicht verabreicht, da ich noch Raucherin war. Im März 2010 war es dann geschafft, und ich bekam meine erste Infusion. Im November/Dezember 2010 war ich mit meinem Mann in Sankt Peter- Ording zur Reha. Wir wohnten zwar in verschiedenen Kliniken, aber Hauptsache, er war in meiner Nähe, denn es ging mir nicht besonders gut. Für die 500 Meter zu seiner Klinik brauchte ich manchmal 45 Minuten, aber dank seiner Anwesenheit und seiner Nähe schaffte ich es einmal sogar über die Seebrücke bis zum Wasser, wenn es auch ewig dauerte, und das auch noch bei minus zehn Grad. In der Reha wurde dann festgestellt, dass sich mein Lungenemphysem mittlerweile im Endstadium befand. Es wurde von Seiten der Klinik sofort ein Verschlechterungsantrag für das Versorgungsamt gestellt, denn ich hatte zu diesem Zeitpunkt einen Behinderungsgrad von GdB 30. Im Januar 2011 bekam ich die Erhöhung auf GdB 60. Nachdem ich bei der Krankenkasse nach anderthalb Jahren Krankschreibung ausgesteuert wurde und somit plötzlich arbeitslos war, denn mein Dienstherr hatte keinen Schonplatz mehr frei, reichte ich die Rente ein und bekam Anfang Januar 2012 ein Schreiben der Landesversicherungsanstalt, aus dem hervorging, dass ich rückwirkend zum Juni 2010 unbefristet berentet wurde. Mein Mann beschäftigte sich in der Zwischenzeit sehr intensiv mit meiner Krankheit, und irgendwann kam er auf den Begriff „Titanventile“. Nun begann ein Recherchieren. Er kam dann zu dem Entschluss, die Sache mit den Ventilen persönlich in die Hand zu nehmen. Die beiden für uns in Frage kommenden Kliniken waren im schleswig- olsteinischen Großhansdorf und in Heidelberg.

Helmut schrieb Professoren in beiden Kliniken an und teilte ihnen den Befund mit. Beide gaben uns innerhalb von zwei Tagen grünes Licht, sodass einer Implantation nichts im Wege stand. Da ich 2011 zwei Exazerbationen hatte, kam plötzlich der Geistesblitz. Im Marienkrankenhaus in Kassel wurde ich zweimal „zurückgeholt“, vielleicht könnte der bevorstehende Eingriff auch dort vorgenommen werden. Wir setzten uns mit dem Chefarzt für Pneumologie in Verbindung, bekamen einen Gesprächstermin, und Ostermontag 2012 war es dann soweit. Am Dienstag wurden mir sechs Ventile in den rechten Lungenflügel implantiert, und bereits nach der Aufwachphase hatte ich das Gefühl, besser Luft zu bekommen, und es sollte mich auch nicht täuschen. Ich hatte ein Stück Lebensqualität zurückbekommen.

Im Rahmen einer Lungenspiegelung können Endobronchialventile gesetzt werden, die den Luftstrom in die Verästelungen der Lungen regeln. Damit wird die Funktionseinschränkung bei einem Lungenemphysem gemindert.

Am Samstag wurde ich entlassen, und am Sonntag bekam ich ganz plötzlich Fieber, ich hatte mir eine Lungenentzündung eingefangen, und drei Wochen später sollte unser lange geplanter Urlaub in Neuharlingersiel beginnen. So wie es aussah, hätten wir ihn abhaken können. Wir hatten aber die Rechnung ohne meinen Lungenfacharzt gemacht. Er verschrieb mir die richtige Medikation, und der Urlaub war gerettet. Endlich wieder gehen können, ohne immer nach ein paar Metern stehenzubleiben und nach Luft schnappen zu müssen. Auch der Arzt, den wir dort wegen der Prolastin-Infusion aufsuchten, war sehr zufrieden mit mir und konnte kaum glauben, was für Strecken ich dank der Ventile wieder bewältigen konnte. Mir ging es gut, bis sich dann mein Zustand Ende 2013 verschlechterte und die Ärzte meinten, dass zu viel Luft retrograd, also auf Umwegen, in die durch die Ventile verschlossenen Lungenlappen gelangte. Nun fielen zum ersten Mal die Begriffe „RePneu LVR Coils“ und „Bad Cannstatt“, was bedeuten sollte: Ventile entfernen und durch Coils ersetzen. Mir war es egal – Hauptsache, es ginge mir hinterher wieder besser. Soweit sollte es aber nicht kommen, denn bei einer Computertomographie wurde festgestellt, dass sich im rechten Lungenflügel ein großes Emphysem gebildet hatte. Nun waren wieder die Ventile gefragt. Am 21. Februar 2014 wurden mir dann – erneut in Kassel – sechs Ventile in den rechten Lungenflügel implantiert, und es war ein Erfolg, an dem ich leider nicht lange Freude haben sollte, denn wieder war eine Lungenentzündung der Spielverderber, und dieses Mal sogar mit einem starken Husten, der 4,5 Wochen nach dem Eingriff noch nicht richtig verschwunden war, sodass ich Avalox nehmen musste. Die Ventile zeigen nun ihre Wirkung, und darüber sind wir alle froh, und wir können nur jedem raten, der für eine Ventilsetzung infrage kommt, dieses auch machen zu lassen. Inzwischen geht es mir wesentlich besser, und ich brauche nicht mehr nach Luft zu schnappen. Mein Tagessport-Programm sieht folgendermaßen aus: morgens anderthalb Stunden auf dem Ergometer, entspricht ca. 6 km, danach 5 Minuten Hanteltraining (3 kg) und 5 Minuten Übungen mit dem Powerstick, abends 5 km auf dem Ergometer (Zeit spielt jetzt keine Rolle) und wieder Hanteln und Powerstick. Einmal in der Woche Nordic Walking, ca. 3 km, und einmal pro Woche kleine Wanderung mit unserer COPD SHG Kassel, ca. anderthalb Stunden. Auf einer Bewertungs-Skala von 0 bis 10 liegt meine eigene Bewertung bei einer 7. Ich hoff e, dass dieser Zustand lange bestehen bleibt. Ich hoffe, dass der Bericht auch anderen COPD- und Alpha-1-Patienten Mut macht und sie sich auch für Ventile entscheiden, wenn sie dafür in Frage kommen sollten. Ich habe die Implantationen meiner 12 Ventile jedenfalls nicht bereut.

Heike Schmidt, so erschienen als Leserbrief im Alpha1-Journal 1/2014.

Im Rahmen einer Lungenspiegelung können Endobronchialventile gesetzt werden, die den Luftstrom in die Verästelungen der Lungen regeln. Damit wird die Funktionseinschränkung bei einem Lungenemphysem gemindert.

Fortsetzung: Teil 2

Hallo liebe Alphas,

Es hat sich ein Fehlerteufel eingeschlichen. Mein Tagessport-Programm nach Einsatz der Ventile sieht folgendermaßen aus: morgens trainiere ich nicht anderthalb Stunden auf dem Ergometer (das entspräche ca. 6 km) sondern es muss heißen: eine halbe Stunde. Die Ventile haben bisher sehr gute Arbeit geleistet und ich bin sehr zufrieden, nur ist mir der Husten geblieben, den man bisher auch nicht in den Griff bekam. Die Ärzte sind ratlos und mein behandelnder Arzt meinte, er müsse sich auf dem Ärztekongress in München, der im November stattfi ndet, erkundigen, ob dieses bei anderen Patienten auch schon vorgekommen ist.

Mit freundlichen Grüßen Heike Schmidt, so erschienen im Alpha1-Journal 2/2014

Nachtrag von Frau Schmidt:
Der bereits beschriebene Husten dauerte eine lange Weile an. Eine Ursache konnte trotz aufwändiger Untersuchungen nicht gefunden werden. Dann plötzlich hörte er auf und ich kann sagen, dass ich nun voll zufrieden mit meinen Ventilen bin.

Fortsetzung: Teil 3

Meine Lungenwerte haben sich seit der Implantation der letzten sechs von 12 Ventilen im Februar 2014 von 27 auf 44% verbessert. Ich kann wieder längere Strecken mit Pausen gehen. Nur das Treppensteigen oder steilere Anstiege bereiten mir immer noch Schwierigkeiten. Wir haben uns im Mai 2016 E-Bikes zugelegt und diese Investition hat sich gelohnt. Wir unternehmen Radtouren und legen dabei oft 60 km zurück, ohne dass ich größere Probleme habe, mein Mann muss sich ganz schön anstrengen um mithalten zu können. Die Ventile waren für mich ein Gewinn und gaben mir eine große Lebensqualität zurück. Wie schon in den ersten Berichten erwähnt, würde ich jedem, der dazu in Betracht kommt, eine Implantation anraten.

Heike Schmidt, so erschienen im Alpha1-Journal 2/2016.

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