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Hilfsmittelverordnung – gesetzliche Regelung

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Alpha1 Deutschland e.V.

Mit dem Patientenrechtegesetz wurde auch eine wichtige Neuregelung in das SGB V aufgenommen: § 13 Abs. 3a SGB V. Wenn eine Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen nicht innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang entscheidet oder, wenn der Medizinische Dienst beteiligt ist, nach fünf Wochen, muss sie dem Antragsteller den Grund schriftlich mitteilen. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (sog. Genehmigungsfiktion). Die vorstehende Regelung gilt für alle Anträge auf Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung und somit auch für die Beantragung von Hilfsmitteln.
Bei einer Hilfsmittelversorgung ist der Antrag üblicherweise der Kostenvoranschlag zusammen mit der ärztlichen Verordnung, der vom Leistungserbringer im Auftrag des Versicherten an die Krankenkasse geschickt wird, dies kann aber auch durch den Versicherten selbst erfolgen. Maßgeblich für die Berechnung der 3- bzw. 5-Wochen-Frist ist das Datum des Zugangs des Antrags bei der Krankenkasse. In der Regel ist davon auszugehen, dass dieser bei der Übermittlung durch die Post am 3. Tage nach der Versendung als zugegangen gelten kann. Sollte sich die Krankenkasse darauf berufen wollen, dass der Antrag erst später zugegangen sein sollte, muss sie dies ggf. beweisen.

Die Fristberechnung erfolgt taggenau, d. h. bei Eingang z.B. am 04.03.2016 bei der Krankenkasse läuft die 3-Wochen-Frist am 25.03.2016 ab. Spätestens am 25.03.2016 müsste dann eine Entscheidung über den Antrag vorliegen.

Die vorgenannte Frist gilt ebenso, wenn es sich z. B. um Hilfsmittel handelt, die sowohl Zwecken der Krankenals auch der Pflegeversicherung dienen, wie es z. B. bei Badeliftern sein kann. Hierfür hat der Gesetzgeber nämlich in § 40 Abs. 5 SGB XI eine ausdrückliche Regelung geschaffen. Wenn ein Antrag auf ein solches Hilfsmittel, wie dem beispielhaft genannten Badelifter, bei der Krankenkasse eingeht, hat die Krankenkasse insgesamt über den Antrag zu entscheiden. Da es sich um einen Antrag bei der Krankenkasse handelt, gelten also auch die vorstehenden Fristen. Ob zwischen Kranken- und Pflegekasse dann ein Ausgleich zu erfolgen hat, betrifft lediglich deren Innenverhältnis,wirkt sich jedoch nicht auf die Entscheidungsfrist aus. Sollten Fristen nicht eingehalten werden können, muss der Versicherte rechtzeitig schriftlich innerhalb der Frist informiert werden. Rechtzeitig in diesem Zusammenhang bedeutet, dass die Krankenkasse die Versicherten dann informieren muss, sobald sie bemerkt, dass eine Entscheidung innerhalb der Fristen nicht erfolgen kann. Da der Gesetzgeber ausdrücklich schriftlich fordert, reicht eine Information per Mail nicht aus.

Sachgerechten Ermittlungen

In der schriftlichen Information muss dann der hinreichende Grund für die Fristüberschreitung dargelegt werden. Ein hinreichender Grund liegt immer dann vor, wenn die Krankenkasse sachgerechte Ermittlungen vornehmen muss. Diese sachgerechten Ermittlungen müssen in der gebotenen Zügigkeit stattfinden. Sachgerecht sind Ermittlungen immer dann, wenn sie der Klärung tatsächlicher Fragen zur Entscheidung über den Anspruch dienen. Zu den sachgerechten Ermittlungen gehört damit nicht die Klärung von Rechtsfragen. Für die Beantwortung von reinen Rechtsfragen bedarf es keiner Ermittlungen, wie z.B. Rückfragen beim behandelnden Arzt. Soweit sich die Krankenkasse also auf einen hinreichenden Grund stützt, hat sie die sachgerechten Ermittlungen darzulegen.

Keine hinreichenden Gründe sind Situationen, die ihre Ursache in der Organisation der Krankenkasse haben, wie z.B: Personalmangel während Urlaubszeiten. Eine Behörde muss entsprechend organisiert sein, dass auch solche typischerweise immer wieder auftretenden Situationen unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen überbrückt werden.

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines hinreichenden Grundes trifft die Krankenkasse. Sie muss im Streitfall alle diesbezüglichen Umstände darlegen und ggf. beweisen können.

Wenn die Krankenkasse gegen die vorstehenden Regelungen verstößt, da sie innerhalb der Fristen keinen hinreichenden Grund schriftlich gegenüber dem Versicherten dargelegt hat, treten zwei Rechtsfolgen ein:

  • Die Leistung gilt als genehmigt und zwar wie beantragt.
  • und der Versicherte kann sich nach Ablauf der Frist die beantragte Leistung selbst beschaffen und die entstandenen Kosten von seiner Kasse erstattet bekommen.

Bei der sogenannten Genehmigungsfiktion und der Kostenerstattung handelt es sich um zwei unterschiedliche Rechtsfolgen, die nachstehend daher getrennt dargestellt werden:

1. Genehmigungsfiktion

Die Genehmigungsfiktion ist keine Besonderheit der Neuregelung. Vielmehr finden sich im SGB V und in anderen gesetzlichen Vorschriften Genehmigungsfiktionen. Beispielhaft sei nur auf die Beantragung von Heilmitteln wie Physiotherapie u.a. verwiesen. In diesem Bereich ist über Dauerverordnungen innerhalb von 4 Wochen zu entscheiden, ansonsten gilt die Genehmigung nach Ablauf der Frist als erteilt. Eine Genehmigungsfiktion führt immer dazu, dass das Gesetz unterstellt, es wäre von der Behörde/ Krankenkasse ein bestimmter Verwaltungsakt erlassen worden. Es wird damit also die wirksame Bekanntgabe einer Genehmigung unterstellt.

2. Kostenerstattung

Neben der Genehmigungsfiktion und dem damit verbundenen Sachleistungsanspruch hat der Gesetzgeber dem Versicherten eine weitere Möglichkeit zur Durchsetzung seines Anspruchs eingeräumt. Der Versicherte kann sich nämlich die erforderliche Leistung selbst beschaffen, um diese dann mit der Krankenkasse abzurechnen. Dies setzt voraus, dass zwischen Leistungserbringer und dem Versicherten eine private Vereinbarung über die Beschaffung des konkreten Hilfsmittels getroffen wird. Die Rechnung hierüber reicht der Versicherte bei seiner Krankenkasse ein. Da der Gesetzgeber ausdrücklich von der Erstattung der entstandenen Kosten spricht, kann die Krankenkasse bei dieser Privatrechnung nicht auf Vertragspreise oder Festbeträge verweisen. Diese gelten lediglich im Verhältnis zum Leistungserbringer,
jedoch nicht für die Privatrechnungen im Rahmen der Kostenerstattung. Dies ist durch die Gerichte im Rahmen anderer Kostenerstattungsansprüche in der gesetzlichen Krankenversicherung bereits geklärt. Beispiel: Zwischen Krankenkasse und Leistungserbringer besteht ein Vertrag über den Wiedereinsatz eines im Krankenkasseneigentum stehenden Hilfsmittels. Der Vertrag mit seinen Preisen tangiert nicht den Kostenerstattungsanspruch des Versicherten. Vielmehr darf der Leistungserbringer das Krankenkasseneigentum nicht an den Versicherten im Wege einer privaten Vereinbarung verkaufen. Der Leistungserbringer kann nur ein in seinem Eigentum stehendes Hilfsmittel an den Versicherten verkaufen. Und dieser Kaufpreis ist von der Kasse zu erstatten. Diese Beschleunigungsregelungen gelten für alle Anträge, die ab dem 26.02.2013, dem Tag des Inkrafttretens, gestellt wurden. Der Gesetzgeber hat mit dem neuen § 13 Abs. 3 a SGB V die Rechte der Versicherten bei der Beantragung von Leistungen erheblich gestärkt. Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 08.03.2016 (Az. B 1 KR 25/15 R) die Wirkung der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3 a SGB V bei einem Fristversäumnis der Krankenkasse bestätigt. Im entschiedenen Fall geht es um einen Kostenerstattungsanspruch auf Versorgung mit tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie. Die beklagte Krankenkasse holte ein Gutachten ein, informierte den Kläger hierüber jedoch nicht. Auf Grund des Gutachtenergebnisses lehnte sie knapp sechs Wochen nach Antragseingang die Leistungsbewilligung ab. Das BSG hat nun entschieden, dass die Leistung als genehmigt gilt, da die Krankenkasse nicht innerhalb von drei Wochen über den Antrag entschieden habe, ohne hierfür Gründe mitzuteilen. Der Kläger konnte auch subjektiv von der Erforderlichkeit der Leistung ausgehen, da es sich nicht offensichtlich um eine außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegende Leistung handelte und die entsprechende Einschätzung seiner Therapeutin vorlag. Da sich der Kläger zwischenzeitlich die Leistung selbst beschaffte, konnte er von seiner Krankenkasse die Erstattung seiner Kosten verlangen.

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