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Rehabilitation in Zeiten von COVID-19

AutorIn

Prof. Dr. R. Koczulla, Dr. Dr. Tobias Böselt und Dr. Inga Jarosch

Verlauf der Erkrankung

Die COVID-19-Erkrankung, hervorgerufen durch das neuartige SARS-COV-2-Virus, hat ihren Ausgang über China nach Europa gefunden. Seit Anfang/Mitte März verläuft die Pandemie auch in Deutschland mit schweren, zum Teil unerwarteten Erkrankungsverläufen und auch Todesfällen.

Neben symptomlosen Infektionen werden milde bis moderate Verläufe beobachtet, jedoch auch sehr schwere Verläufe, die die Patienten ins Krankenhaus und auf die Intensivstation führen. Leider kommt es immer wieder auch zu Todesfällen.

Bei rund 80% der registrierten Infektionen verläuft die Krankheit mit Fieber oder leichten Symptomen. Bei etwa 15% der Fälle verläuft sie schwerer und in 5% der Fälle so schwer, dass eine intensivmedizinische Betreuung notwendig ist, da der Zustand als kritisch oder lebensbedrohlich einzuschätzen ist.

Die beidseitige Lungenentzündung mit Lungenversagen stellt eine zentrale Pathologie des schweren Verlaufes dar. Es gibt bislang keine Daten, die gezielt den Verlauf bei Alpha-1-Patienten beschreiben.

Nachweis

Der Nachweis wird über den tiefen Nasen/Rachen-Abstrich geführt. Wir gehen von einer Inkubationszeit von 14 Tagen aus. Die typischen Symptome sind Fieber, Husten und Kurzatmigkeit. Es gibt aber durchaus auch asymptomatische Verläufe. Es können Durchfälle auftreten, es kann zu Veränderungen von Riech- und Geschmackssinn kommen. Luftnot, Abgeschlagenheit und Muskelschmerzen können weitere typische Symptome sein. Neben dem Befall der Lunge wird ein kardiovaskulärer Befall beschrieben. Es werden neurologische Veränderungen beschrieben im Sinne von ischämischem Schlaganfall, thromboembolische Ereignisse, eine Entzündung der Hirnhäute, Kopfschmerzen, Bewusstseinsstörungen und auch die critical illness Polyneuropathie nach schwererem Krankenhausverlauf.

Prophylaxe

Es gilt im Rahmen der Prophylaxe das, was über die Robert- Koch-Institut-Empfehlung weitergegeben wird. Hier ist die Abstandseinhaltung, das Tragen eines Mundschutzes, die regelmäßige  Händedesinfektion wichtig und kann in allen Empfehlungen nachgelesen werden.

Therapie in der Akutphase

Bislang gibt es weder eine spezifische Therapie der COVID-19-Erkrankung noch eine Impfung. Neben der symptomatischen Therapie – sprich die Zuführung von Sauerstoff bei Sättigungsabfall und  niedrigen Blutsauerstoffwerten – gibt es bisher zur Behandlung die Beatmung und die intensivmedizinische Versorgung bei schweren Verläufen. Es existieren einzelne Studien über Medikamente – wie zum Beispiel mit dem Virostatikum Remdesivir, das zu einem um wenige Tage beschleunigten Krankheitsverlauf führt.

Postakute Phase

Wie sollte man jetzt möglicherweise nach einer durchgemachten COVID-19-Infektion nachversorgt werden? Sicherlich sollte ein zeitnaher Verlauf beim Lungenarzt durchgeführt werden, wo Lungenfunktion, Blutgasanalyse und Diffusionsmessung sinnhaft sein könnten. Bei Herzproblemen sollte eben auch eine Herzuntersuchung erfolgen. Bei schwerer Einschränkung kann die Bildgebung in Form von einem hochauflösenden CT sinnhaft erscheinen. Weitere Diagnostik sollte anhand des CT-Befundes eruiert werden.
Nach aktuellem Verständnis sollte die Alpha-1-ATGabe nach Möglichkeit nicht unterbrochen werden. So konnte die Arbeitsgruppe um McElvaney zeigen (New England Journal 2020), dass eine Unterbrechung der Alpha-1-AT-Therapie zu einer gesteigerten Exacerbationsrate führt.
Es wird davon ausgegangen, dass alltägliche körperliche Aktivitäten wie z. B. Spazierengehen und ein moderates körperliches Training in der postakuten Phase günstig sind.

Coronaviren

Stationäre Rehabilitation

Darüber hinaus ist die Versorgung nach milden bis schwereren Krankheitsverläufen ein sicherlich wichtiger Punkt. Als unmittelbare Konsequenz einer COVID-19 Erkrankung wird davon ausgegangen, dass die Anzahl der Patienten mit COVID-19 bedingten gesundheitlichen Langzeitfolgen stark ansteigen wird. Während sich Patienten mit symptomlosen Verläufen scheinbar vollständig und ohne langfristige Einschränkungen erholen, zeigen milde, schwere und kritische Verläufe der Erkrankung in ersten Untersuchungen anhaltende Folgen in unterschiedlichen Bereichen (kognitive Funktion, Skelettmuskulatur, Psyche etc.). Klinische Beobachtungen zeigen, dass die COVID-19 Erkrankung sich primär in einer Schädigung der Lunge auszeichnet und damit zu anhaltender Atemnot führen kann. Weiterhin zeigen sich auch Beeinträchtigungen in der Blutgerinnung, die zum Teil zum Verschluss kleinerer Gefäße oder sogar zu einer Lungenembolie führen können. Die spezifischen Folgen einer COVID-19 Erkrankung bei Patienten mit einer bereits vorher bestehenden Lungenerkrankung wie dem Alpha-1-Antitrypsin-Mangel sind zum aktuellen Zeitpunkt weitgehend unbekannt. Es wird angenommen, dass die Langzeitfolgen der Erkrankung durch spezialisierte Rehabilitation adressiert und reduziert werden können. Hier gibt es Daten aus der SARS-COV-1-Erkrankungswelle von 2003, dass Rehabilitationen den postakuten Verlauf günstig beeinflussen können. Die Inhalte der PR in der postakuten COVID-19-Phase orientieren sich an den bisher etablierten pneumologischen Rehabilitationsprogrammen bei chronischen Lungenerkrankungen. In den internationalen PR-Richtlinien der American Thoracic Society (ATS) und der European Respiratory Society (ERS) hat sich die PR als eine Kernkomponente des Krankheitsmanagements bei Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen etabliert. Studien zeigen eindeutige positive Effekte auf die körperliche Leistungsfähigkeit, Lebensqualität und die Symptome (Atemnot, Fatigue).

Eine Schweizer Autorengruppe schlug vor, die gleichen Rehabilitationsbehandlungen zu verwenden, wie sie bei Patienten mit Lungenfibrose empfohlen werden, da die beobachteten pulmonalen und extrapulmonalen Symptome sich sehr ähnlich sind (Carda 2020, Kenn 2013). Dieser umfassende, multimodale und multidisziplinäre Therapieansatz kombiniert sowohl medikamentöse als auch nicht-medikamentöse Therapien zur Behandlung. Die  Kernkomponenten sind neben der Optimierung der medizinischen Versorgung ein gezieltes Bewegungsprogramm. Körperliches Training in der PR besteht mindestens aus einem individuell abgestimmten Ausdauer- und Krafttraining, das bei stark abfallender Sauerstoffsättigung im Blut mit einer mobilen Sauerstoffversorgung stattfinden sollte. Eine weitere Komponente der PR ist die Atemphysiotherapie, die zum Ziel hat, die Atemfunktion bestmöglich wiederherzustellen sowie symptomreduzierende Atemtechniken für Ruhe- und Belastungssituationen zu erlernen. Darüber hinaus sind die psychologische Unterstützung und die Wissensvermittlung weitere wichtige Bestandteile der PR. Inwieweit diese Bestandteile auch bei durchlebter COVID-19-Erkrankung optimal sind oder noch verbessert werden können, werden die nächsten Wochen in der klinischen Praxis sowie weitere Studien
zu diesem Thema offenbaren.

Selbstverständlich hat die COVID-19-Situation auch die Abläufe in unserem Haus deutlich verändert. In den ersten Wochen nach Ausbruch der Pandemie bis zum aktuellen Zeitpunkt haben wir aktiv COVID-19-Patienten mitversorgt.
Wir haben seit Ende Mai auch wieder mit dem Routinebetrieb begonnen, haben aber weiterhin Zimmer für COVID-19-Patienten räumlich separiert. Wir haben die Tagesabläufe mit speziellen Hygienevorrichtungen versehen, wie vom RKI vorgegeben. Für die COVID-19-Patienten wird ein eigenes Team vorgehalten.

Wir haben des Weiteren begonnen, ein Konzept für post-COVID-19-Patienten aufzubauen, was diesem speziellen Patientenklientel gerecht werden soll, was eben auch zusätzlich noch im Rahmen von Studien adressiert ist. Allgemein haben wir für das Haus die Hygieneauflagen des RKI penibelst umgesetzt. Mit der Lockerung der entsprechenden Social-Distancing-Maßnahmen deutschlandweit besteht natürlich allgemein die Gefahr, dass auch Re-Infektionen auftreten können, die auch in Krankenhäusern zu einer erneuten Verschärfung der COVID-19-Problematik führen können.

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