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Die Alpha-1-Antitrypsin-Patienten in der COSYCONET-Studie

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Marion Wilkens, so erschienen im Alpha1-Journal 2/2018

Als die Konzeption der COPD-Patienten-Kohorte COSYCONET im Jahr 2008 begann, war zunächst geplant, Patienten, die unter Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (AATM) leiden, explizit nicht in die Studie einzuschließen. Auch Asthma und andere Lungenerkrankungen sollten ein Ausschlusskriterium sein. Die Forscher wollten sich auf Patienten konzentrieren, bei denen die klassischen Beschwerden nicht Symptome einer anderen Erkrankung sind. Andererseits sollte die COPD unter möglichst vielen Aspekten betrachtet und untersucht werden. Es war bekannt, dass die strukturellen und funktionellen Veränderungen bei der COPD nicht nur die Lunge betreffen, und es existieren relevante Komorbiditäten. Der Zusammenhang mit diesen Komorbiditäten und die Wechselwirkungen mit der Lungenerkrankung waren allerdings noch nicht hinreichend untersucht, um zu neuen, möglicherweise individualisierten Therapieansätzen zu kommen. Der Gedanke lag nahe, dass die Erweiterung der zunächst restriktiven Einschlusskriterien den Vorteil bieten würde, verschiedene Phänotypen zu identifizieren und voneinander abzugrenzen.

AATM-Patienten dringend gesucht

Als die Rekrutierungsphase für die COPD-Patienten-Kohorte Ende des Jahres 2010 begann, konnten alle Patienten, die 40 Jahre und älter waren und die Symptome einer COPD aufwiesen, in die Kohorte aufgenommen werden. Es war somit klar, dass nun auch automatisch Menschen, die unter AATM leiden, eingeschlossen würden, allerdings ohne sie zunächst gezielt anzusprechen. Um jedoch zu einem späteren Zeitpunkt Fragestellungen auch zu dieser Erkrankung beantworten zu können, mussten mindesten 100 AATM-Patienten eingeschlossen werden. Da sich dies zu Beginn des letzten Rekrutierungsjahres 2013 nicht abzeichnete, waren Maßnahmen gefragt. Prof. Dr. Dr. Robert Bals, der die COSYCONET-Biomaterialbank und das Deutsche Register für Alpha-1-Antitrypsin-Mangel leitet, regte an, die Patientenorganisation Alpha1 Deutschland e. V. um Unterstützung zu bitten. Von der Geschäftsstelle wurden alle Gruppen angeschrieben, die sich in erreichbarer Nähe eines COSYCONET-Studienzentrums befanden – und das mit großem Erfolg. Mit Abschluss der Rekrutierung am 31. Dezember 2013 nahmen 167 AATM Patienten teil.

Was soll ausgewertet werden?

Noch immer stellt AATM Forscher und Mediziner vor große Herausforderungen. Neben dem Ziel, die Früherkennung der Erkrankung zu verbessern, geht es den Forschern auch darum, Licht in den Dschungel der vielen Komorbiditäten zu bringen. Die Kohorte COSYCONET bietet die einmalige Möglichkeit, Patienten, die an einer durch AATM verursachten COPD erkrankt sind, mit denen zu vergleichen, die an einer klassischen COPD leiden.

Das erste Projekt

Unter dem Titel „Vergleich der Komorbiditäts- und Inflamations-Phänotypen von Patienten mit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (AATM) versus Patienten ohne AATM“ leitet Prof. Dr. Dr. Bals derzeit die ersten Auswertungen an der Universität des Saarlandes in Homburg. Wissenschaftler haben beobachtet, dass sich die Muster der Komorbiditäten von Patienten mit AATM von denen ohne AATM unterscheiden. Nun geht es darum, diese Beobachtung mit wissenschaftlichen Methoden zu verifizieren und die verschiedenen Komorbiditäten näher zu untersuchen. Dabei ist beispielsweise der Tabakkonsum ein Aspekt, der näher untersucht werden soll. Dabei werden aus den jeweiligen Gruppen Daten von Patienten gewählt, die sich bezüglich ihres Rauchverhaltens vergleichen lassen. Näher betrachtet werden die Daten des FEV1 Wertes. Das ist die Luftmenge, die der Patient mit aller Kraft und möglichst schnell innerhalb einer Sekunde ausatmen kann – in unserer Studie nach Anwendung eines bronchienerweiternden Medikaments.

Auch die Häufigkeit der Exazerbationen und die Lebensqualität sollen verglichen werden. Zu beiden Aspekten wurden die Teilnehmer während ihrer Visite im Studienzentrum ausführlich befragt. Neue Wege in der Forschung eröffnet die Untersuchung von Biomarkern. Unter Biomarkern versteht man bestimmte biologische Merkmale, die messbar sind und die auf krankhafte Prozesse im Körper hinweisen können. In diesem Projekt soll eingehend untersucht werden, ob sich das Biomarker-Profil der beiden Patientengruppen unterscheidet. Erste Ergebnisse dieses Projektes werden bis Ende des Jahres erwartet.

COSYCONET wird fortgesetzt

Alle Patienten, die an COSYCONET teilnehmen, sollen mindesten 10 Jahre lang regelmäßig untersucht werden. So besteht die Chance, die verschiedenen Faktoren, die die Entwicklung der COPD beeinflussen, näher zu bestimmen. Ziel ist es, neue Therapieansätze zu finden. Und bei einer Erkrankung, die so vielschichtig ist wie die COPD, geht es auch darum, Behandlungsmöglichkeiten auf den einzelnen Patienten auszurichten.

Kurzinfo COSYCONET

COSYCONET ist die größte COPD-Kohorte in Deutschland. Das Kürzel steht für „German COPD and Systemic Consequences – Comorbidities Network“. Gemeint ist ein Verbund von 30 Fachkliniken, Forschungseinrichtungen und Hochschulen, die gemeinsam
Ursachen, Verlauf und Begleiterkrankungen der chronischen Lungenkrankheit COPD erforschen wollen. Mit dem Ende der Rekrutierungsphase im Dezember 2013 konnten 2741 Patienten eingeschlossen werden. Derzeit beginnt die Auswertung der ersten Daten. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert COSYCONET im Rahmen des Kompetenznetzes Asthma/COPD. Die Einrichtungen bündeln ihre Ressourcen und suchen gemeinsam nach Wegen, diese Atemwegserkrankungen künftig besser zu diagnostizieren und zu behandeln. Prof. Dr. Claus Vogelmeier aus Marburg ist der Sprecher des Kompetenznetzes.

Zwei Fragen an Prof. Dr. Dr. Robert Bals

Wo sehen Sie derzeit die vielversprechendsten Forschungsansätze bei AATM?

Es ist sehr wichtig, mehr über den Verlauf des Alpha-1-Antitrypsin-Mangels zu erfahren. Hier stehen uns jetzt nicht nur die Daten des Deutschen Registers für AATM zur Verfügung, sie werden ideal ergänzt durch die umfangreichen COSYCONET-Daten. Unser derzeitiges Projekt ist nur der Anfang, viele weitere werden folgen.

Gib es neue Entwicklungen in der Therapie des AATM?

Aktuell ist ein zweites Medikament für die Substitutionstherapie zugelassen worden. Weiterhin gibt es eine Vielzahl von Entwicklungen neuer Medikamente, die gerade in klinischen Studien getestet werden. Sicherlich braucht es hier noch etwas Geduld, bis solide Ergebnisse vorliegen. Man darf aber vorsichtig optimistisch sein.

So erschienen im Alpha1-Journal 02/2015.
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